Zu Beginn des Schuljahres wurde in der Klasse 9b das Drama "Andorra" von Max Frisch behandelt, ein Theaterbesuch in Tübingen rundete nun die spannende Unterrichtseinheit ab. Da die Klasse 10c das Stück ebenso in Klasse 9 behandelt hat, schloss man sich gerne an, um das Drama auch auf der Bühne zu erleben.
Die Tübinger Inszenierung stellt sich zunächst einmal die Frage, wo "Andorra" heute, 58 Jahre nach seiner Uraufführung, stehe. Die Geschichte des jungen Andri, der als angebliches Findelkind eines Lehrers, welcher in Wirklichkeit sein leiblicher Vater ist, im fiktiven Kleinstaat Andorra aufwächst in einer Gesellschaft, die ihm peu à peu ihr Fremdbild aufzwängt, zeigt dem Zuschauer eindruckvoll, wie solche Fremdbilder entstehen und welche schlimmen Konsequenzen sie haben können, wenn sie nicht hinterfragt werden. So geht es in "Andorra" nicht in erster Linie um Antisemitismus, auch wenn Angriffe auf Menschen jüdischen Glaubens gerade dieser Tage in Deutschland wieder Realität sind, das Stück zeigt vielmehr die Problematik gesellschaftlicher Stigmatisierung. Ausgrenzung und Hass auf Flüchtlinge, Homosexuelle, Frauen, Schwarze... die Liste ließe sich beliebig fortsetzen – jeder von uns könnte letztlich Andri sein. Und jeder von uns könnte ein Andorraner sein, immer dann wenn wir ausgrenzen, wenn wir wider besseres Wissen handeln, wenn wir wegschauen. Gerade das Schlussbild der Inszenierung verweist aufwändig gestaltet und authentisch auf diese Aussage. Dies macht das Tübinger Ensemble besonders deutlich, da es keine festen Rollen gibt, sondern jeder Schauspieler im Lauf des Stückes in jede Rolle schlüpft, verdeutlicht nur durch die Zuordnung zu Pappkameraden, die den jeweiligen Figuren entsprechen.
Nach der Aufführung und im Deutschunterricht diskutierten die Schülerinnen und Schüler der 9b und 10c lebhaft und mit großem Sachverstand über die Inszenierung, die gerade wegen ihrer Modernität, ihres Tempos und ihrer Ironie beide Klassen begeistert hat. Man war sich einig, ein Stück auf der Bühne zu sehen ist eine echte Bereicherung des Unterrichts und eigentlich unerlässlich.
Ein Besuch der Tübinger Altstadt rundete die von Frau Iskounen und Praktikantin Frau Yörük durchgeführte Theaterfahrt ab.
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Theaterfahrt zum Landestheater Tübingen der Klassen 9b und 10c
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